Schwerin geschüttelt

Das Stadtensemble des Mecklenburgischen Staatstheaters zeigte einen Theaterabend über Schwerin in der M*Halle

Was erzählt uns diese Stadt? Wie ist das Leben hier? Wem begegnet man? Warum sollte man lieber nicht im Pfaffenteich baden? Und wo ist der höchste Punkt der Stadt?

Knapp 70 Menschen aus Schwerin und der Umgebung im Alter von 10 bis 78 Jahren haben sich in der Spielzeit 2023/2024 thematisch mit der Landeshauptstadt auseinandergesetzt und neben Schule, Beruf und Alltag die Stadt Schwerin aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln betrachtet. Als Bühnenbild dienten viele Koffer, die einen großen Deutungsspielraum ermöglichten: Ankommen in und Abreisen aus Schwerin. Welche Erinnerungen gehören in den Koffer und wer hat noch einen Koffer in Schwerin?
Entstanden ist ein Abend über Erinnerungen, Geschichten und Visionen von Schwerin.

TanzClub 1
Wasser (2024), Leitung: Davina Kramer-Perju © Silke Winkler

Der TanzClub (ab 21. J.) zeigte zwei zeitgenössische Choreographien. Thematisch ging es in der ersten Choreographie um das Wasser: Wasser als Lebenselixier, Wasser in seinen unterschiedlichen Dynamiken, ein Tag am Zippendorfer Strand, denn Schwerin ist bekannt für seine zahlreichen Seen und wunderschönen Wasserlandschaften. Emotionale, mystische, aber auch humorvolle Bilder zeigten die Vielfältigkeit dieses Elements.

Der StarterClub (ab 10 J.) und der Goldene TheaterClub (ab 65 J.) haben eine Collage erarbeitet und gemeinsam präsentiert. Der Spielort war hier der Fernsehturm, denn von dort kann man ziemlich weit gucken: in die Vergangenheit dieser Stadt, aber auch in die Gegenwart bis in die Schweriner Klassenzimmer hinein. Neben Plattdeutsch und Rap auf der Bühne, waren auch Videobeiträge zu sehen: Zwei Teilnehmerinnen durften im Studio des Nordmagazins zusammen mit Thilo Tautz einen Beitrag über das Projekt drehen und zwei weitere Teilnehmerinnen forderten den Oberbürgermeister Rico Badenschier zum Stadtquiz heraus.

Starter und GoldenerClub
Auf dem Fernsehturm, Leitung: Tina Koball (2024) © Silke Winkler
JugendClub
Im Landesfunkhaus (2024), Leitung: Reinhild Köhncke © Silke Winkler

Der JugendClub (ab 14 J.) zeigte im Talkshow-Format ein Stück über eine „Schwerinologin“, die ein besonderes Heilmittel in Form von Bonbons entwickelt hat. Wenn Jugendliche diese Bonbons essen, wollen sie nie mehr diese Stadt verlassen. Poetische Texte über Sehnsüchte, Ansichten über Schwerin und ehrliche Fragen sowie Rhythmus und Bewegung bildeten hier die Grundlage für die Stückentwicklung, die exemplarisch für viele junge Stimmen dieser Stadt steht.

Die zweite Choreographie des TanzClubs zeigte die Ergebnisse der Recherche über die Geschichten, die die Teilnehmer:innen mit der Stadt verbinden. Skulpturen im öffentlichen Raum dienten als Grundlage für Improvisationen und mündeten in starken Bildern und intensiven Bewegungsabläufen. Auch die Frage nach der Bedeutung der Heimat war hier ein Thema, das in die Choreographie miteingeflochten wurde.

TanzClub
... auf all deinen Wegen, Leitung: Marie-Laure Fiaux (2024) © Silke Winkler
ProjektClub
Was machen (2024), Leitung: Philip Klose © Silke Winkler

Der neu gegründete ProjektClub (ab 16 J.) legte den Schwerpunkt auf den Stadtteil Der Große Dreesch. So ist ein Begegnungsraum für Schweriner:innen entstanden, die auf dem Dreesch und im gesamten Stadtgebiet wohnen. In der Probenarbeit ging es um das Leben dort, um das Verhältnis zwischen Stadt und Stadtteil und darum, welche Themen im Stück verhandelt werden sollen. Das Ensemble hat viel improvisiert und gemeinsame Ideen entwickelt: Was spricht z.B. dagegen, wenn die Petermännchenbahn über den Großen Dreesch fahren würde? Eigentlich nichts, oder? Entstanden ist eine komische aber auch nachdenklich machende Stückentwicklung aus unterschiedlichen Perspektiven, voller Spielfreude, Tanz, Gesang und bemerkungswerten Theatermomenten.

Der TheaterClub (ab 21. J.) hat eine vielschichtige Collage entwickelt. Das Stück basiert auf eigenen Texten, die im kreativen Schreibprozess entstanden sind. Als Rahmen für die Texte und das Stück hat das Ensemble das Warten gesetzt: Wann passiert endlich was? Für viele ein treffendes Bild für das oft verschlafen wirkende Landeshauptdorf mit all seinen Ministerien. Doch die Figuren im Stück schauen genau hin und legen den Finger in Bezug auf die kleine Beamtenstadt in die Wunde: Wie viel Gossip verträgt die Geschichte über eine Avocado? Sollten alle mehr faul sein? Und darf man sich vom Chef eigentlich alles gefallen lassen? Auch wenn das Warten unerträglich scheint, alle Figuren bleiben, vielleicht, weil sie hier zu Hause sind…

TheaterClub
Irgendwo in Schwerin, Leitung: Linnea Vogel (2024) © Silke Winkler

Zum Finale trafen sich alle Beteiligten auf der Bühne und machten die bemerkenswerte Größe des Stadtensembles sichtbar. Für den musikalischen Abschluss des Theaterabends wurden im Vorfeld Textzeilen aus allen Ensembles gesammelt und zu einem Lied verdichtet. Aus dieser Vorlage hat Hannes Lange einen Song geschrieben, den Smilla und Anna aus dem JugendClub eingesungen haben. Beide standen schon 2019 – damals noch mit dem StarterClub – gemeinsam auf der Bühne und sangen ein Lied und haben nun ihre ersten Erfahrungen im Studio machen dürfen. Wir danken allen Beteiligten für die wundervolle, ungewöhnliche, aufregende und vor allem aber bereichernde Spielzeit, die noch lange nachhallen wird und freuen uns schon auf nächstes Jahr!

 

Wer nicht mehr so lange warten möchte bis unsere neue Spielzeit beginnt, kann die Zeit mit dem Final-Lied Wenn du das willst überbrücken:

 

Text Stadtensemble und Tina Koball
Musik und Melodie
Hannes Lange
Gesang Smilla Bartel, Anna von Thomsen

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