Mit ein tranig un ein grienig Oog

Seit seinem Debüt 1979 an der Fritz-Reuter-Bühne hat Andreas Auer in knapp 200 Produktionen gut 200 Rollen in rund 2.000 Vorstellungen in Schwerin und auf Gastspielen von Norddeutschland bis in die Schweiz gespielt. Nach 43 Jahren im niederdeutschen Ensemble verabschiedet sich der große Volksschauspieler nun mit einer Paraderolle – dem Diener in Wolfgang Kohlhaases Fisch för Vier – aus dem Festengagement. Zeit für einen Rückblick, sülvstverstännlich up Platt. Mit Andreas Auer hett Marc Steinbach schnackt.

Marc Steinbach: Nah 43 Spältieden, hunnerte Rullen un dusende Vörstellungen un Gastspill’ wisst Du nu de Fritz-Reuter-Bühn’ verlaten. – Wat geiht Di dor so in’n Kopp rüm?

Andreas Auer: Ierstmal mak ick, coronabedingt, ja noch as Gast ’n bäten wieder. Äwer sünst gah ick nah disse lange Tied mit ein tranig un ein grienig Oog. Dat wier’n verrückte Tieden, ümmer mit Up un Dal, so as dat oewerall in’t Läben nu mal taugeiht. Äwer disse Tieden verlangen von de Minschen ok ümmer miehr af. De Utsicht up ein Läben ahn Deinstplan, Terminkalenner odder Klock laten mi niegelich warden, woans dat ahn Theater funktionieren deiht.

MS: Du hest vör Diene välen Bühnenjohren korte Tied ganz wat Anners makt, wier dat nich so? Woans büst Du oewerhaupt dunnmals tau’n Theater kamen?

AA: Tau Faut… Ne, nu mal in’n Iernst. Ick heff ok ’n richtigen Beruf liernt. Werkzeugmacher. Dunn keem de Armeetied un in disse achtein Mand heff ick in so ’n lütte Band Gitarre spält, för de Senioren un de Offiziere. Twischendörch, in de Danzpausen, füng ick an, plattdüütsche Schnacks un Riemels vörtaudragen un, dat keem gaud an. De Grundstein würd leggt.

As de Tied rüm wier, liernte ick Manfred Brümmer kennen. De söchte för de Fritz-Reuter-Bühn’ einen „jugendlichen Liebhaber“. Also heff ick mien Chance wohrnahmen. Nah dat „Vörspräken“ vör dat gesamte Ensemble un de Intendanz keem ein Verdrag oewer ein Johr dorbi rut, ierstmal…

MS: Wat wieren Diene iersten Rullen, un wat wier achter de Kulissen un up de Bühn’ anners as in de wohre Welt? Worüm büst Du 43 Johr dorbi bläben?

AA: Tau de DDR-Entdeckungen 1979 hett ok de Fritz-Reuter-Bühn mit Noch ein Nachtschicht! Geschichten, Leeder un Schnacks ut de Nahkriegstied bidragen. Dat wier mien ierste Arbeit. Den Enkel in Keen Oper wägen Opa, Premiere wier Silvester 1979.

Dunnmals geef dat noch de Kammerbühn’ in dat Staatstheater. 225 Taukiekers passten dor ümmerhen rin, un de Fritz-Reuter-Bühn’ wier dor sotauseggen tau Hus.

För mi wier dat Theater ’ne ganz anner Welt. Ick liernte johrelang dagdäglich ümmer miehr dortau. Dat leeg nich blot doran, dat ick de Plicht hard, dat richtig Spräken un Singen tau liernen, un an dat „Bewegungstraining“ bannigen lewer an denn Dag tau lengen hard. (… dat wier ok nödig!)

Worüm bün ick dorbi bläben? Ierstmal heff ick Glück hatt, de richtigen Lüüd tau de rechte Tiet kennenliernt un wohrschienlich is mi klorworden, dat dat bäder tau mi passen ded un ick dormit Hobby un Beruf ünner einen Haut kriegen dau. Up de anner Siet hett dunnmals ok kein tau mi seggt, dat ick dat man bäder laten sall. (Hütigendaags bün ick mi dor nich so säker…)

Schauspieler Andreas Auer im Kostüm als Moritatensänger
Nach 43 Jahren an der Fritz-Reuter-Bühne nimmt Volksschauspieler Andreas Auer seinen Hut. © Silke Winkler

In diesen beiden aktuellen Produktionen ist Andreas Auer noch einmal zu erleben:

 

Fisch för Vier

Kriminalkomödie von Wolfgang Kohlhaase und Rita Zimmer-Gawrikow

Stückinfos, Termine und Karten erhalten Sie hier

 

Misery - Schriew um dien Läben

Stück von William Goldman nach dem Roman von Stephen King

Niederdeutsch von Frank Grupe

Stückinfos, Termine und Karten erhalten Sie hier

Das Ensemble der Fritz-Reuter-Bühne in „Fisch för Vier“ (c) Silke Winkler
Abschied mit einer Paraderolle: Andreas Auer als Diener Rudolf. © Silke Winkler

MS: Wenn wi Di blot ’n bäten miehr tau’n Bliewen nödigen möten, denn sallst Du dat giern hebben: Wecker Di loswarden will, kann ok nich ganz dicht sien. Mal afseihn von Diene Präsenz up de Bühn’ un de Veriehrung von Diene Mitspälers un Taukiekers, büst Du doch binah de letzt’ Mäkelborger ünner all uns Inwannerer! – Doch segg mal, wecke Bedüdung hett oewerhaupt dat Platt för Di siet Diene Kinnerjohrn, un woans hett sick dat bet hüt för Di verännert?

 

AA: De plattdüütsche Sprak hard all ümmer einen wunnerboren Klang. Männigein glöft dorüm ok, dat se blot „hübsch“ klingen deit. Nee, se kann ok anners. In ehr wahnt ein bannige Kraft, de ok, odder ierst recht tau’n Vörschien kümmt, wenn dat orrig tau Sak geiht.

 

Hütigendaags is dat nich anners. Väl ward ünnernahmen, üm dat moeglichst väle Lüüd wedder in’t Gedächtnis tau raupen. Ob in de Schaul, in de Vereine odder up de Bühn’, oewerall gifft dat Gott sie Dank Minschen, de in ehr Frietied odder beruflich väl up sick nähmen, dat dat ok so blifft odder sogor noch miehr ward.

 

MS: Woans büst Du dunnmals oewerhaupt ein Plattschnacker worden, un is dat wat anners, wenn ’n Nedderdüütsch von ’ne Bühn’ rünner deklamiert, as wenn ’n in’n Oldag mit’n Nahwer odder up’n Markt Platt schnacken deit?

 

AA: Sachten bün ick dortau kamen. In Laage geburen, heff ick disse Sprak all rechttiedig hürt un versöcht, se moeglichst so weddertaugäben. De Familie hett mi dorbi hulpen. In’t Theater möt man sick up Kompromisse inlaten, wat de Schrift un de Utsprak bedröppt.

 

Ümmerhen kamen wi ut verschiedene Regionen, nich blot ut Norddüütschland. Un ok de Gastspill’ sünd mal hier, mal dor un oewerall gifft dat in’t Plattdüütsche ’n annern Tungenslag.

 

 

MS: An wecke Rullen, Stücke un Schriewers besinnst du Di besünners giern? Un gifft dat noch ein Figur, de Du noch spälen wisst, odder ein Stück dat Du giern noch seihn würst?

 

AA: Jedein Stück, odder ick segg mal, binah jedein Stück hett siene starken un weniger starken Rullen. Ob Kumedi, Lustspill, Operette, Drama odder Kinnertheater. Bi de Fritz-Reuter-Bühn’ hett man sick üm all dat kümmert. So is dat ok mit de Rullen. Männigmal is se einen up’n Liew schräben, männigmal ok nich. Nah miene välen Johren in dat Ensemble bün ick recht taufräden un de Kollegen un dat Publikum siehr dankbor, dat se mi in disse Tied ümmer Ünnerstützung gäben hebben.

MS: Wat wisst Du nu mit all Dien Tied anfangen, un wat wünschst Du de Reuter-Bühn’ ahn Di up den’ Wegg?

 

AA: Dor bruk ick nich lang oewerleggen, dat kümmt von ganz allein.

Makt Ji man so wieder! – Hollt Juch fuchtig!

 

 

Veröffentlicht im April 2022

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